
Der Stich der Tigermücke – Tropenkrankheit Chikungunya auf dem Vormarsch
Die Tropenkrankheit Chikungunya breitet sich aus – auch in Österreich. Wie gefährlich ist das Chikungunya-Virus und wie schützt man sich vor dem Stich der asiatischen Tigermücke?
Der winzige, schwarz-weiß gestreifte Plagegeist sorgt zunehmend für Gesundheits‑Alarm: die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). Einst auf tropische Regionen beschränkt, ist sie mittlerweile auch bei uns angekommen.
2022 wurde die Asiatische Tigermücke erstmals in allen Bundesländern Österreichs nachgewiesen. Die Ausbreitung der Insekten wird vor allem durch die Temperaturen im Winter bestimmt, und diese sind – Stichwort Klimawandel – auch bei uns tendenziell im stiegen begriffen.
Parallel dazu breitet sich das Tropenfieber Chikungunya aus.
Die Kombination aus steigendem Reiseaufkommen und Klimawandel und Globalisierung begünstigt die Etablierung von Tigermücken und damit die Gefahr einer Viruserkrankung, die bisher eher exotisch klang.
Ärztliche Laien und Reisende sollten sich daher bewusst sein: Es geht um mehr als ein klassisches Mückenstichleiden. Chikungunya – von der afrikanischen Sprache Makua abgeleitet – bedeutet so viel wie „der gekrümmt Gehende“, eine düstere Umschreibung einer Erkrankung, die mit quälenden Gelenkschmerzen einhergeht.
Wo kommt Chikungunya vor – und wohin breitet es sich aus?
Seit Jahrzehnten sind Länder wie Réunion, Mayotte, Mauritius, Sri Lanka, Kenia und Madagaskar bekannte Chikungunya-Hotspots. Zahllose Menschen erkrankten dort bereits – und viele suchen medizinischen Rat.
Hinzu kommt: Auch in Europa weist das CRM Centrum für Reisemedizin auf Fälle hin – allein 13 reiseassoziierte Fälle kamen kürzlich aus Madagaskar nach Italien. In Deutschland meldete man 2024 insgesamt 57 importierte Erkrankungen, 2025 schon 54 – allesamt über Reiserückkehrer. Betroffen sind vorwiegend Erwachsene zwischen 20 und 79 Jahren, vereinzelt auch Kinder. Todesfälle wurden keine gemeldet.
Das Besorgniserregende: Aedes albopictus ist in Österreich längst auf dem Vormarsch und im Burgenland gesichtet. Dank wärmerer Temperaturen überwintern Mückenvermehrung und -population zunehmend. Kombiniert mit wachsender Globalisierung kann das Virus nun auch lokal übertragen werden.
Ist das Chikungunya-Virus gefährlich?
Kurz gesagt: Ja – aber nicht immer tödlich.
Chikungunya ist eine Viruserkrankung, die typischerweise ein sehr starkes Gelenk- und Tropenfieber-bild verursacht, begleitet von Muskel- und Kopfweh sowie Hautausschlag. Der Name „chikon-gunya“ leitet sich von einem makuasprachlichen Ausdruck ab, der „der gekrümmt Gehende“ bedeutet – so stark können Gelenkschmerzen sein.
Während sich die meisten Patienten innerhalb weniger Tage bis Wochen erholen, entwickeln einige langanhaltende Gelenkschmerzen, in Einzelfällen sogar chronische Arthritis oder neurologische Komplikationen. Kritische Verläufe etwa mit Multiorgan‑Versagen sind selten, aber möglich.
In Österreich gab es bislang noch keinen gemeldeten Autochthon‐Fall, also eine regionale Übertragung – doch mit den neuen Mückenpopulationen steigt die Gefahr.
Symptome im Detail – wie äußert sich Chikungunya?
Frühsymptome (3–7 Tage nach dem Stich):
– Plötzliches hohes Fieber
– Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, starke Gelenkschmerzen
– Hautauschlag, oft mit Juckreiz.
Im akuten Stadium:
Gelenkschmerzen können so stark sein, dass Betroffene sichtlich „der gekrümmt Gehende“ wirken. Begleiterscheinungen: Übelkeit, Erschöpfung.
Langzeitverlauf:
Bis zu 10 %, manche Studien sprechen sogar von 30 %, behalten Beschwerden wie Gelenksteifigkeit und Dauerschmerzen über Wochen oder Monate – selten Jahre hinaus. Etwa 0,1 % entwickeln neurologische Probleme, selten Multiorgan‑Probleme.
Wie gefährlich ist das Virus?
Gefährlich sind vor allem chronische Folgen. Akute Lebensgefahr besteht selten, sofern keine Vorerkrankungen bestehen. Dennoch: Längere Immobilität und Lebensqualitätseinbußen können erheblich sein – nicht umsonst spricht der Name von „der gekrümmt Gehende“.
Hinsichtlich Mortalität: In betroffenen Entwicklungsländern kam es bei ausgewählten Ausbrüchen zu mehreren Hundert Todesfällen (z. B. Réunion 2005/06), oft verursacht durch Begleiterkrankungen oder Superinfektionen.
Was hilft gegen Chikungunya?
1. Akutphase – Symptommanagement
Da es keine spezifische Therapie gibt, steht im Vordergrund:
– Schmerzmittel wie Paracetamol oder NSAR
– Bettruhe, Flüssigkeitshaushalt stabilisieren
– Kühlung und physikalische Therapien gegen Gelenkschmerzen
2. Impfung – Zukunftsentscheidung?
a) Ixchiq (Lebendimpfstoff):
– EU-Zulassung Juni 2024 für 12–64-Jährige
– Hohe Wirksamkeit, aber Berichte über schwere Nebenwirkungen bei Älteren
– EMA beschränkt Anwendung auf 12–64 Jahre
b) Vimkunya (Totimpfstoff):
– EU-Zulassung Februar 2025 ab 12 Jahren
– Gute Verträglichkeit und Immunogenität
3. Mückenschutz – die einfache Maßnahme
– DEET-haltige Repellents (≥30 %)
– Lange, helle Kleidung, idealerweise imprägniert
– Moskitonetze und Schutzgitter
– Vermeidung stehender Gewässer
4. Frühdiagnose – entscheidend bei Rückkehr mit Symptomen
Reisemedizinische Beratung vor Reise und aktive Abklärung bei Fieber, Ausschlag und Gelenkschmerzen nach Rückkehr.
Ist Chikungunya heilbar?
Es gibt keine antivirale Therapie. Heilung erfolgt symptomatisch – bei den meisten Menschen innerhalb weniger Wochen. In bis zu 10 % der Fälle dauern Beschwerden Monate, in Einzelfällen länger.
Warum steigt die Gefahr jetzt?
– Klimawandel begünstigt Ausbreitung der Tigermücke
– Globalisierung bringt Virus und Mücke in neue Regionen
– Neue Virusstämme (z. B. CHIKV 06.21) sind anpassungsfähiger
Was tun in Österreich – Risiken, Maßnahmen, Empfehlungen
1. Behördliche Überwachung: Monitoring durch AGES
2. Bildung und Information: Aufklärung von Bevölkerung und Ärztinnen
3. Mückenschutzprogramme: kommunale Maßnahmen und Bürgerverhalten
4. Impfstrategie: für Reisende und Fachpersonal
5. Reisemedizinische Sorgfalt: Beratung und Diagnostik
6. Forschung & Politik: Impfstoffsicherheit und Virenbeobachtung
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
1. Ist das Chikungunya-Virus gefährlich?
Ja. Es verläuft meist schwer, aber selten tödlich. Vor allem Gelenkbeschwerden bleiben oft lange bestehen.
2. Wie äußert sich Chikungunya?
Fieber, Kopfschmerzen, starke Gelenk- und Muskelschmerzen, Hautausschlag – oft so intensiv, dass Patienten sich kaum bewegen können.
3. Was hilft gegen Chikungunya?
Symptomlinderung durch Schmerzmittel, Impfung als Prävention, konsequenter Mückenschutz.
4. Wie kann man sich dagegen schützen?
Impfung (Ixchiq, Vimkunya), Repellents, Moskitonetze, Kleidung, stehende Wasserquellen vermeiden.
5. Ist Chikungunya heilbar?
Nicht direkt, aber in der Regel ja – die meisten Menschen genesen innerhalb weniger Wochen.
Ausblick und Fazit
Chikungunya – das Tropenfieber durch die Tigermücke – verliert in Zeiten von Klimawandel und Globalisierung seine Exotik. Der Virus wird bald auch in Österreich lokal übertragbar sein, da die Mücke im Burgenland bereits gesichtet wurde.
Die beste Waffe: Wachsamkeit. Mückenschutz, Impfberatung, reisemedizinische Prävention – so können wir verhindern, dass sich „der gekrümmt Gehende“ auch auf heimischen Straßen zeigt.
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Quellen:
¹ EMA starts review of Ixchiq (live attenuated chikungunya vaccine)
² Graz sagt der Tigermücke den Kampf an (ORF)
³ CRM Handbuch Reisemedizin 2025. 61. Auflage. Düsseldorf: CRM Centrum für Reisemedizin; 2025. doi:10.1055/b000001074
Linktipps
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