Wie uns die Lebensmittelindustrie Zucker unterjubelt
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Es ist wahrlich kein Geheimnis und doch ein Ärgernis: die beharrlichen Versuche der Industrie uns Konsumenten immer mehr Zucker – oder auch Zuckerersatzstoffe – unterzujubeln.
Die Gründe für das Verhalten der Lebensmittelindustrie sind vielfältig, aber nur in den seltensten Fällen zum Wohle der Konsumenten.
Immer wieder wird argumentiert, dass süße Lebensmittel ganz einfach besser bei den Menschen ankommen, dabei wurde das schon in mehreren Studien widerlegt. Tatsache ist allerdings, dass wir Konsumenten im Laufe der Jahrzehnte an übermäßige Süße herangeführt wurden und uns nun daran gewöhnt haben.
Zucker ist nicht gleich Zucker
An sich ist Zucker natürlich nicht gefährlich, wie so oft macht auch hier die Dosis das Gift. Vor allem aber, ist Zucker nicht gleich Zucker.
Zucker gehört zu den Kohlenhydraten, die unser Körper unbedingt benötigt, er wird grundsätzlich in drei Gruppen unterschieden, nämlich Einfach-, Zweifach– und Mehrfachzucker.
Diese unterscheiden sich (auch) in der Art und weise wie sie unserem Körper Energie zur Verfügung stellen, also in ihrer Wirkung auf den Blutzuckerspiegel.
Mehrfachzucker liefern durch ihre Sruktur über einen längeren Zeitraum Energie, während Einfach- und Zweifachzucker den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lässt, der dann aber ebenso schnell wieder abfällt. Und das bedeutet für unser Essverhalten nichts Gutes, denn wenn die Energie schnell wieder weg ist, stellt sich auch der Hunger sehr bald wieder ein. Bedeutet: obwohl man eigentlich ausreichend Brennwert zu sich genommen hat, hat man das Verlangen nach mehr Nahrungsaufnahme ….
Die vielen Namen für Zucker
Einfach- und Zweifachzucker sind etwa Haushalts-, Frucht-, Trauben- oder auch Milchzucker. Die guten, weil lange sättigenden Mehrfachzucker stecken vor allem in Vollkorngetreide, Gemüse, Hülsenfrüchten und Kartoffeln.
Auf einen vernünftigen Zuckerkonsum zu achten, wäre einfacher, wenn die Kennzeichnung eindeutig wäre. Doch gerade hier arbeitet die Lebensmittelindustrie mit vielen Tricks, oftmals um zu verschleiern wo überall Zucker enthalten ist.
Saccharose, Dextrose, Glukose, Laktose, Raffinose, Maltose oder Malzextrakt, Karamellsirup, Stärkesirup, Fruktosesirup – das sind nur einige Bezeichnungen für Zucker. Weitere natürliche süßende Zutaten, wie etwa Honig, Ahornsirup, Fruchtkonzentrate, Dicksäfte aus Früchten und Dattelpulver enthalten ebenfalls mehr oder weniger Zucker, ohne das die Bezeichnung dafür von den Herstellern extra angeführt werden müsste.
Zucker in Lebensmitteln überhaupt zu erkennen, ist also alles andere als einfach – es sei denn, man ist Chemiker.
Süße Versuchung mit vielen Namen
Mit ein bisschen Hintergrundwissen lassen sich die verschiedenen Zuckerarten aber einfach erkennen. Denn Zucker versteckt sich häufig hinter der Endung „-ose“. So zum Beispiel hinter den Worten Saccharose, Dextrose, Maltose, Fruktose oder Glukose.
Auch die in Milchprodukten enthaltene Laktose ist ein Zucker. Menschen mit einer Laktoseintoleranz können den Milchzucker nicht oder nur schwer verdauen und leiden nach dem Verzehr von Milchprodukten häufig unter Blähungen oder Durchfall. Zutaten wie Honig, Sirup, Dicksaft oder Süßmolkenpulver gelten ebenfalls als Zucker.
Warum sollte es nicht zu viel Zucker sein?
Die Liebe zum süßen Geschmack ist den Menschen angeboren: Der süßliche Geschmack der Muttermilch ist das Erste, was wir schmecken und von unseren Vorfahren haben wir den Instinkt geerbt, dass Süßes meist nicht giftig und ein guter Energielieferant ist. Der Zucker „Glukose“ versorgt zum Beispiel die Muskeln und das Gehirn mit Energie.
Doch heutzutage findet sich Zucker in sehr vielen Lebensmitteln, sodass wir mehr davon zu uns nehmen, als wir eigentlich benötigen. Wer zu viel oder zu häufig Zucker isst, hat ein höheres Risiko für Übergewicht und andere Erkrankungen, wie zum Beispiel Karies, eine Fettleber oder Diabetes.
Zuckergehalt in Lebensmitteln erkennen
Je nach Alter und Geschlecht, gibt es unterschiedliche Empfehlungen für die maximale tägliche Zuckerzufuhr. Dabei ist meist sogenannter „freier Zucker“ gemeint, den Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen, sowie Zucker, der in Honig, Sirup und Fruchtsäften von Natur aus enthalten ist.
Weiterer natürlicher Zucker, der beispielsweise in Obst, Gemüse oder Milchprodukten enthalten ist, wird dabei oft nicht berücksichtig. Hannah Geupel, Ernährungswissenschaftlerin bei Alpro, erklärt: „Im Körper wird Zucker, egal ob freier oder natürlicher Zucker, immer gleich verarbeitet und liefert auch gleich viel Kalorien.“
Wie hoch der Zuckergehalt in einem Lebensmittel ist, lässt sich anhand der Nährwerttabelle erkennen. Hannah Geupel: „Bei Lebensmitteln, in denen Zucker von Natur aus enthalten ist, wie etwa bei Obstmus oder Milch, ist Zucker nicht als Zutat aufgeführt. Bei Lebensmitteln, denen Zucker hinzugefügt wurde, findet man diesen auch in der Zutatenliste. Anhand der Nährwerttabelle lässt sich jedoch immer der gesamte Zucker ausfindig machen und es lässt sich erkennen, wie hoch der Zuckergehalt in einem Lebensmittel insgesamt ist.“
Eine Orientierung liefert auch der neu eingeführte Nutri-Score, den Hersteller freiwillig angeben können und Alpro ebenfalls eingeführt hat. Er bewertet Lebensmittel mit einer fünfstufigen Farbskala: von einem grünen A für Lebensmittel mit einer günstigen Nährwertqualität, bis hin zu einem roten E, für Lebensmittel einer ungünstigeren Nährwertqualität.
Der Nutri-Score wird berechnet, indem günstige und ungünstige Nährwertelemente gegeneinander aufgewogen werden. Ein hoher Zuckergehalt wirkt sich negativ auf die Bewertung aus. Dennoch bedeutet eine Bewertung mit A oder B nicht automatisch, dass ein Produkt komplett zuckerfrei ist.
Zucker im Alltag reduzieren
Wer seine tägliche Zuckerzufuhr reduzieren möchte, kann ganz einfach durch kleine Veränderungen anfangen. Bei Heißhunger bietet es sich beispielsweise an, statt zu Süßigkeiten, zum Apfel oder zu einer Hand voll Nüssen zu greifen. Auch können zuckerreiche Mahlzeiten gegen zuckerärmere ausgetauscht werden.
So ist beispielsweise ein Sojadrink mit Haferflocken anstatt einem Knuspermüsli eine gute Wahl, oder ein Pflanzendrink im Kaffee anstatt Milch und Sirup. Hannah Geupel: „Sojaprodukte enthalten häufig von Natur aus weniger Zucker als vergleichbare Milchprodukte, da in Soja keine Laktose, also Milchzucker, enthalten ist. So hat ein Sojadrink im Vergleich etwa die Hälfte des Zuckergehalts oder kann auch ganz ohne Zucker auskommen.“
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Quellen:
¹ Süßes Versteckspiel – Zucker hat viele Namen (Deutsche Apotheker Zeitung)
² Presseaussendung der Firma Alpro
Hinweis: Alpro ist Hersteller für pflanzliche Nahrungsmittel sowie Getränke und stellt seit 1980 pflanzliche Drinks, Joghurtalternativen, Kochcrèmes, Desserts und Eis her – auf Basis von Sojabohnen ohne Gentechnik, Kokosnüssen, Mandeln, Haselnüssen, Reis oder Hafer. Alpro gehört zum Lebensmittelhersteller Danone und hat seine Zentrale in Gent (Belgien).
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