Pollenallergie – Expertin im Interview über Therapiemöglichkeiten
Für viele Menschen bedeutet das Einatmen der Natur im Frühling alles andere als Wohlbefinden: Atemwegsbeschwerden, Husten und Nießattacken ausgelöst durch eine Pollenallergie. Die Wiener Allergie-Expertin Dr. Beatrix Tichatschek vom Allergiezentrum Wien West erklärt im Interview, dass schon für jede 4. Allergie in Europa Pollen die Auslöser sind und skizziert die Möglichkeiten moderner Therapieformen.
Video – Pollenallergie
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Pollenallergien
Schnupfen, Niesen, Juckreiz – während sich die einen über den Frühling und seine blühenden Pflanzen und Gräser freuen, beginnt für andere die Heuschnupfenzeit. Sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen zählt die Pollenallergie zu den häufigsten allergischen Erkrankungen.
Verursacher der unangenehmen Symptome sind herumfliegende Pollen, die bei den Betroffenen eine allergisch bedingte Entzündung der Nasenschleimhaut hervorrufen. Die Allergie bewirkt dabei eine Überreaktion des Immunsystems, welches gegen die in Pollen enthaltenen Eiweißstoffe vorgeht. Der Körper startet daraufhin eine Abwehrreaktion. Dabei wird Histamin freigesetzt, das bei den Betroffenen zu Juckreiz, Niesattacken, verstärkter Tränen- und Schleimsekretion sowie zu erschwerter Nasenatmung führt. Auslöser der Beschwerden sind in erster Linie Baum-, Gräser- und Kräuterpollen.
Interview: Pollenallergie
Interview mit Dr. Beatrix Tichatschek (Allergie-Expertin vom Allergiezentrum Wien West) und der Pollen-Allergikerin Elke Prähofer.
Dr. Tichatschek: Die Beschwerden sind dahingehend, dass die Patienten an Schnupfen leiden, eine laufende oder rinnende Nase, juckende oder tränende Augen oder Husten haben. Es können sich auch Ausschläge bilden, die sehr lästig werden und über Wochen andauern. Das ist schon ein sehr großer Hinweis darauf, dass es sich um ein allergisches Bild handelt.
Anmerkung: Für das Immunsystem ist das Eindringen der kleinen Pollen, welche eigentlich Eiweißkörper sind, der Startschuss für eine überschießende Abwehrreaktion im Körper. Dabei werden Unmengen an Histamin freigesetzt, was zu den unangenehmen Symptomen führt. Das Ganze ist ein Irrtum unseres Immunsystems, das die harmlosen Pollen als ernste Gefahr wahrnimmt. Bleibt eine Pollenallergie unbehandelt kann es zum Einen zu Kreuzreaktionen und damit auch zu Lebensmittelallergien kommen, zum Anderen kann sie zu schwerwiegenden und chronischen Krankheiten führen.
Dr. Tichatschek: Bei nicht-behandelten Allergiker besteht die Gefahr, dass sie zu 80% in ein Asthma fallen und das ist eine Zahl, die wir so früh wie möglich versuchen zu vermindern, deshalb ist es auch wichtig, dass die Patienten so früh wie möglich zum Allergietest kommen und nicht erst nach zehn oder 15 Jahren.
Anmerkung: Daher der Appell der Experten: gibt es nur den geringsten Verdacht, sollten Betroffene nicht zögern und sofort einen Arzt aufsuchen.
Dr. Tichatschek: Ich glaube es ist wichtig, dass wir so frühzeitig wie möglich daran denken, dass ein Schnupfen, der länger als zwei bis drei Wochen dauert, ein deutlicher Hinweis für eine Allergie ist, und dann sollte man so schnell wie möglich zu einem Facharzt gehen oder zu uns kommen um diese Diagnose durchzuführen und entsprechend behandelt zu werden.
Anmerkung: Mit heutzutage einfachen Allergietestverfahren wird festgestellt, welche Allergene Probleme bei den jeweiligen Patienten auslösen, denn diese führen bei den Betroffenen zu einer Verminderung der Lebensqualität.
Fr. Prähofer: Es ist schon furchtbar, wenn man ständig niesen muss, die Augen jucken und man keine Luft mehr bekommt.
Anmerkung: Wichtig ist es zu wissen, dass es sich bei Allergien um keine starre Erkrankung handelt.
Dr. Tichatschek: Allergien sind sehr variabel. Wenn man auf Gräser und Pollen allergisch ist, kann es genauso gut sein, dass man auch noch eine Birken- oder Hausstauballergie entwickelt. Deshalb ist es wichtig, dass man Patienten, die in Therapie sind, einmal im Jahr Kontrollen macht.
Anmerkung: Die Therapie ist zum einen symptomatisch ausgerichtet, das bedeutet den Einsatz von anti-allergischen Medikamenten, zum Anderen setzt man heute sehr oft auf der ursachlichen Ebene an. Mit der sogenannten Immuntherapie kann man im Idealfall mittlerweile auch in schwerwiegenden Fällen eine Symptomfreiheit erreichen.
Dr. Tichatschek: Die Immuntherapie, die spezifische Hypersensibilisierung ist die einzige kausale Therapie, die es derzeit gegen allergische Beschwerden gibt. Dabei wird in eine kleine Gabe, die sich immer wieder verdoppelt, durch eine Injektion subkutan unter die Haut in den Oberarm gespritzt und der Patient entwickelt durch diese ständige Gabe des Allergens eine Abwehr, eine Toleranz. Das heißt ich kann diese Allergie nicht löschen, so wie manche es gerne hören würden oder ich kann sie auch nicht heilen. Ich kann nur eine Toleranz gegenüber der Konzentration, die um uns herum herrscht, aufbauen.
Anmerkung: Wissenschafter entwickelten in den letzten Jahren Impfstoffe, die heute so gut sind, das bei vielen Patienten eine Symptomfreiheit erreicht werden kann.
Fr. Prähofer: Ich hab schon im ersten Jahr eine totale Besserung bemerkt. Hin und wieder hat man schon noch Schnupfen oder die Augen jucken, aber es war wirklich schon von Anfang an eine Besserung zu sehen.
Anmerkung: Mittels der heute zur Verfügung stehenden Depotspritzen kann eine rasche Immunisierung innerhalb nur weniger Wochen noch vor der Pollensaison erreicht werden.
Hyposensibilisierung: spezifische Immuntherapie (SIT) zur Behandlung von Allergien
Die sogenannte Hyposensibilisierung soll den Körper nach und nach an ein Allergen gewöhnen, so dass es am Ende der Therapie nicht mehr zu allergischen Reaktionen kommt. Betroffene bekommen dabei über einen bestimmten Zeitraum hinweg immer wieder das betreffende Allergen verabreicht, wobei die Dosis allmählich weiter erhöht wird. Es handelt sich um eine Art Impfbehandlung, bei der eine steigende Dosis des Allergens über einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren unter die Haut gespritzt wird, um eine immunologische Toleranz zu erzeugen.
Durch diese Methode der Desensibilisierung verursacht das Allergen am Ende der Behandlung im Idealfall gar keine bzw. nur noch geringe allergische Reaktionen. 80 Prozent der Behandelten werden so ihre Beschwerden dauerhaft los. Die Therapie muss in der pollenfreien Jahreszeit stattfinden und mehrere Jahre wiederholt werden.
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Quelle:
¹ Heuschnupfen: Ursachen, Linderung, Heilung von Pollenallergie (Apothekerkammer Niedersachsen)
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