Wie schädlich ist Essure?
Über die legendäre US-Verbraucheraktivistin Erin Brockovich wurde bereits im Jahr 2000 ein Film gedreht – mit Julia Roberts in der Hauptrolle. Aus diesem Grund ist die Frau, die alleinerziehend ist und kein Blatt vor den Mund nimmt auch vielen bekannt. Nachdem sie erfolgreich einen Umweltskandal in den 1990er Jahren aufdeckte und eine Sammelklage gegen einen US-Energieversorger anstrengte dieser schließlich zu der bisher höchsten Schadenersatzsumme verurteilt wurde, die jemals vor amerikanischen Gerichten verhandelt wurde, hat die Aktivistin nun ein neues Ziel ausgemacht, und zwar den deutschen Chemiekonzern Bayer.
Hierbei geht es um das Verhütungsmittel Essure, das auch in Österreich von vielen Frauen genutzt wird. Doch viele Frauen klagen nun über schwerwiegende Nebenwirkungen. Erin Brockovich erhält dabei Rückendeckung von einer ehemaligen Analystin der US-Gesundheitsbehörde. Diese vermutet, dass das Verhütungsmittel Essure für den Tod von 303 Föten verantwortlich ist. Essure dient dabei der dauerhaften Sterilisation, die von Gynäkologen ohne operativen Eingriff eingesetzt wird.
Auch in Österreich wird diese Methode von einigen Gynäkologen angeboten. Hierbei werden zwei Spiralen aus Nickel-Titan in die Eileiter gesetzt, wodurch das Gewebe vernarbt und eine Schwangerschaft verhindert. Doch damit verbunden sind auch Schmerzen und auch Todesfälle und in den USA sind schon 2015 Rufe nach einem Verbot von Essure laut geworden. Bei der FDA gingen auch schon tausende von Beschwerden wegen Nebenwirkungen ein – seit seiner Zulassung im Ende 2002.
Die Nebenwirkungen umfassen dabei Schmerzen, Menstruationsstörungen und ungewollte Schwangerschaften und eben auch Todesfälle von Föten unter den Frauen, die sich diese Spirale haben einsetzen lassen und dennoch schwanger wurden. Selbst ein US-Kongressabgeordneter, Mike Fitzpatrick, hat sich inzwischen eingeschaltet und fordert ein Verbot von diesem Verhütungsmittel. Dieser forderte die FDA auf die Todesfälle zu prüfen.
Bayer unter Beschuss
Wie man bei Bayer mitteilte, wäre das Unternehmen in einem regen Austausch mit der FDA. Und das bedeutet nichts anderes, als dass die US-Gesundheitsbehörde die Beschwerden über die Nebenwirkungen offenbar recht ernst nimmt. Zu dem aktuellen Stand äußerten sich aber weder FDA noch Bayer bisher. Doch ist Tatsache, dass wegen Essure gegen Bayer in den USA bereits einige Klagen anhängig sind. Dabei ist es so, dass es sich bei Essure um ein von Bayer gekauftes Produkt handelt sozusagen. Denn ursprünglich entwickelt wurde es von der US-Firma Conceptus und kam durch Übernahme dieser Firma 2013 unter das Dach der Bayer AG und wird unter deren Regie seither in 26 Ländern vermarktet.
Außer in Österreich auch in Kanada, Australien, einigen lateinamerikanischen und asiatischen Ländern und weiteren Ländern Europas.
Sicheres Produkt?
Bayer argumentiert dabei sicherlich bei den Klagen zu seiner Verteidigung, dass die angeblichen negativen Nebenwirkungen noch nicht ausreichend erforscht wären. Und außerdem geht man bei Bayer davon aus, dass der Nutzen von Essure höher sei, als die bei der Anwendung verbundenen Risiken. Nun sollen die Experten einschätzen, ob Bayer seine Produktinformationen ändern muss oder nicht, denn über ein prinzipielles Verbot wird wohl nicht diskutiert. Es könnte sein, dass die Verwendung von Essure bei einigen Patientengruppen eingeschränkt wird. Doch die FDA will nun wahrscheinlich weitere klinische Studien in Auftrag geben. Hierbei geht es vor allem um die Verträglichkeit von Nickel, aus dem die Spiralen zum Teil bestehen. Viele Experten gehen nämlich davon aus, dass gerade in dem Bereich, in dem die Spirale zum Einsatz kommt im Körper, ein einfacher Test für eine Nickelallergie nicht ausreichend ist. Es wurden von verschiedenen Sachverständigen unter anderem das Anlegen einer Patientendatenbank gefordert, in der Beschwerden erfasst werden und / oder ein standardisiertes Anwendungsprotokoll für Ärzte.
Wie viele Frauen sich in Österreich mit Essure oder anderen Methoden pro Jahr sterilisieren lassen, ist nicht bekannt. Es gibt aber ein gesetzliches Mindestalter für eine Sterilisation, das in Österreich bei 25 Jahren liegt. Zudem ist die Voraussetzung eine schriftliche Einwilligung in den Eingriff. Dabei werden die Kosten für die Sterilisation nur übernommen von der Krankenkasse, wenn eine Schwangerschaft die Gesundheit der Frau oder des Kindes gefährden würde. Die Kosten für die Essure-Methode belaufen sich bei dieser Art der Sterilisation auf ca. 1200 Euro.