Späte Hilfe für Contergan Geschädigte
1954 wurde ein Wirkstoff namens Thalidomid entwickelt und 1957 als Schlaf-und Beruhigungsmittel auf den Markt gebracht. Angeblich sollte es auch für Schwangere unbedenklich einzunehmen sein, zumal es auch gegen die weit verbreitete Schwangerschaftsübelkeit in der ersten Schwangerschaftsphase helfen sollte. Das war jedoch ein verhängnisvoller Irrtum und führte zum Contergan-Skandal, der in vielen Ländern aufgearbeitet werden musste.
In Österreich haben die 25 Betroffenen erst 2015 eine staatliche Rente zugesagt bekommen für die Schädigung, die sie schon von Geburt an haben. In Österreich leben zudem 20 weitere Contergan-Geschädigte, die eine Rente aus Deutschland beziehen. Insgesamt soll es rund 5000 Contergan-Geschädigte geben, wobei sich die Quellen hier wiedersprechen, weil an anderer Stelle von 10000 Geschädigten ausgegangen wird.
Zu den ersten Contergan-Opfern wurde im Übrigen ein Kind eines Mitarbeiters der ehemaligen Herstellerfirma Grünenthal. Dieses Kind kam ohne Ohren zur Welt. In Österreich und in der Schweiz wurde der Wirkstoff im Übrigen unter dem Namen Softenon vertrieben und war verschreibungspflichtig. Man ging in diesen beiden Ländern mit dem Verschreiben dieses Medikaments recht sparsam um. Das Medikament wurde 1962 vom Markt genommen.
Schwere Schädigungen und Folgeerkrankungen
Die Substanz wurde von Oktober 1957 bis November 1961 vermarktet. Ende der 1950er Jahren häuften sich die Fälle von Missbildungen bei Neugeborenen. Das bedeutet viele Kinder kamen mit Fehlbildungen an Armen und Beinen zur Welt, teils ohne Arme oder / und Beine oder jeweils nur mit einem dieser Gliedmaße oder ohne Zehen oder Finger. Zudem kamen viele Neugeborene mit erheblichen Schädigungen am Skelett zur Welt. Das heißt mit Schädigungen der oberen Extremitäten oder / und Schädigung der unteren Extremitäten und mit Hüftdysplasien und Hüftluxation sowie Skoliose und Wirbelgleiten oder Blockwinkeln.
Die Folgeschäden von Contergan-Geschädigten sind ebenfalls nicht zu übersehen, wie Cervicalgien und Dysbalancen der Schulter- Nacken- und der Rückenmuskulatur sowie Dorsolumbalgien und Lumboischialgien, aber auch Dysbalancen der Becken-Bein-Muskulatur und Coxarthrose. Außerdem trat das Patellare Schmerzsyndrom und Gonarthrose sowie das Rotatorenmanschettensyndrom und eine rezidivierende Schulterluxation auf. Damit verbunden sind und waren natürlich hohe Kosten für Reha-Maßnahmen und Hilfsmittel.
Monatliche Entschädigung
Die 25 Contergan-Geschädigten in Österreich erhalten aber eine mehr als lächerliche Rente. Es sind monatlich gerade einmal 452,80 Euro. Die Summe ist angesichts der hohen Kosten, die für ihre Pflege sicherlich schon entstanden ist in der Familie zwar gering, doch sie hilft sicherlich dabei, dass die Pflege fortgesetzt werden kann. Hinzu kommt ja noch eine Einmalzahlung von 62.222,00 Euro, was für die Betroffenen selbst und ihre Familien sicherlich eine dauerhafte Unterstützung sein dürfte und vielleicht endlich dringend schon seit Jahren bzw. Jahrzehnten nötige Umbaumaßnahmen im Haus erschwinglich und möglich macht.
Unstimmigkeit in der Regierung herrschte dabei über eine Entschädigung der im Zeitraum von 1954 bis 1955 Geborenen. Denn auch damals wurde Contergan schon eingesetzt und vermarktet. Allerdings gelangte dies nicht zur Abstimmung, da der Antrag von Grüne und FPÖ nicht schriftlich eingebracht wurde. Bezugsberechtigt sind demnach nur Personen, die eine Fehlbildung oder Missbildung durch Contergan erlitten haben ab dem Jahr 1956. Die Meldephase war im August 2015 abgeschlossen. Zuvor gab es Aufrufe an die Geschädigten über Fachmedien wie der Ärztezeitung etc., dass diese sich melden mögen, um eine Entschädigung zu erhalten. Eine Fachgruppe prüfte die entsprechenden Anträge. Die Rentenleistung für die Contergan-Geschädigten kommt im Übrigen aus Einsparungen in der Verwaltung. Und auch aus der Reform der Kriegsopferrenten.
Ins Rollen gekommen war das Ganze im Übrigen, als sich die Volksanwaltschaft im Dezember 2008 nach Antrag einer Betroffenen an den damaligen österreichischen Gesundheitsminister gewendet hatte. Dieser ließ prüfen, ob für die Geschädigten ein aus Bundesmitteln gespeister Fonds eingerichtet werden kann. Tatsache ist, dass mehr als 50 Jahre nach dem Arzneimittelskandal mit dem zunehmenden Alter der Contergan-Opfer und deren Angehörigen auch mehr und außerhäusliche Unterstützung nötig wird.
Eine Lobby wie in Deutschland hatten die Contergan-Geschädigten in Österreich nie. Vielen war überhaupt nicht bekannt, dass auch österreichische Contergan-Opfer in Deutschland eine Anspruchsberechtigung hätten stellen können. Doch für ausländische Opfer wurden Anträge nur bis 31. Dezember 1983 entgegengenommen und geprüft. Grund für die Unwissenheit war, dass in Österreichs Medien nur wenig über Contergan-Opfer berichtet wurde.