
Österreicher nehmen zunehmend mehr Psychopharmaka ein
Eine Studie belegt, einen steilen Anstieg beim Verkauf von Psychopharmaka in Österreich. Den Berichten zur Folge sind zwischen den Jahren 2006 und 2013 deutliche Umsatzsteigerungen von über 30 Prozent zu beobachten.
Nach Angaben der Forscher ist dies nicht nur auf steigende Preise von Medikamenten im Allgemeinen zurückzuführen. So stieg beispielsweise auch die Abgabe von Psychopharmaka um ein Viertel an. Auch die österreichische Inflation von 17 Prozent beziehungsweise der leichte Bevölkerungsanstieg von 2,5 Prozent könne nicht als einzige Ursache angeführt werden.
Basis der Untersuchung
Das Arzneimittel Marktforschungsinstitut IMS Health veröffentlichte die Ergebnisse. Experten betonen angesichts der Datenlage, dass ab sofort eine intensivere Betreuung von Personen mit psychischen Erkrankungen in Österreich notwendig ist.
Beispielsweise könnte durch psychologische Betreuungen ein Großteil von medikamentösen Therapien mithilfe von Psychopharmaka verhindert werden. Resümierend fassen sie zusammen, dass zudem ein schnellstmögliches Umdenken notwendig ist.
So nehmen rund eine Millionen Österreicher jedes Jahr entsprechende Kassenleistungen in Anspruch. Anstelle von psychotherapeutischen Interventionen entstehen die meisten Kosten zur Behandlung von psychischen Erkrankungen aufgrund von Psychopharmaka.
Verschiedene Ursachen in Österreich auf einen Blick
Europäische Untersuchungen zeigen, dass modernen westlichen Gesellschaften tatsächlich eine Zunahme an psychischen Erkrankungen zu konstatieren ist. Gleichzeitig fällt auf, dass nicht nur Erwachsene, sondern vielmehr auch immer häufiger Kinder und Jugendliche von Diagnosen nach dem ICD-10 betroffen sind. Dies gilt als Hinweis für zunehmende Belastungen in der Kindheit auf familiärer beziehungsweise auch schulischer Ebene.
Häufig tendieren Mediziner dazu, biologische Ursachen bei Anamnesen in den Vordergrund zu stellen. Ein Grund für den Anstieg der Verordnung von Psychopharmaka kann jedoch auch als Zeichen gelten, dass ein Umdenken stattfindet. Im Sinne einer ganzheitlichen Behandlung werden immer häufiger auch psychische oder soziale Faktoren als Auslöser für bestimmte Symptome mit angeführt.
In diesem Zusammenhang gibt es jedoch in Österreich einen Haken. So gehört beispielsweise die Psychotherapie nicht zur regulären Versicherungsleistung. Vereinzelt zahlt die Kasse einen geringen Zuschuss von rund 20 Euro.
Nicht zuletzt ist jedoch auch der Anteil von kassenfinanzierten Psychotherapieplätzen stark begrenzt. Im Gegensatz dazu finanzieren österreichische Krankenkassen jedoch rezeptpflichtige Psychopharmaka.
Vor allem die letzten Gründe werden als Hauptursache dafür angeführt, dass im Gegensatz zu Medikamenten gegen psychische Erkrankungen die Anzahl verordneter Psychotherapien in Österreich zwischen 2006 und 2013 konstant blieb.
Psychopharmaka und Psychotherapie – Vorteile oder Nachteile
Aus Perspektive der Patienten scheint die Einnahme von Psychopharmaka auf den ersten Blick kostengünstig und am effektivsten. Beim genauen Hinschauen wird jedoch deutlich, dass genau das Gegenteil zutrifft. So ist jede Einnahme von Medikamenten mit möglichen Neben- und Wechselwirkungen verbunden.
Würden die Kassen mehr Psychotherapien finanzieren, können könnten Gesamtkosten im ambulanten und stationären Bereich deutlich gesenkt werden. Nicht zuletzt sinkt die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Erkrankung, wenn zumindest parallel zur Einnahme von Psychopharmaka auch Psychotherapie durchgeführt wird.
Aber genau hier liegt der Knackpunkt: In Österreich gehört in nicht dicht besiedelten Regionen das Fehlen von Kassenpsychiatern zum Alltag. Folglich ist eine komplementäre Therapie nicht möglich.
Leichtere Formen von psychischen Erkrankungen kann beispielsweise auch der betreuende Hausarzt diagnostizieren und entsprechende Psychopharmaka verordnen. Aus fachlicher Sicht ist dies auch korrekt, schützt jedoch nicht vor einem erneuten Auftreten der Erkrankung zu einem späteren Zeitpunkt.
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¹ Psychopharmaka-Übersicht (Springer Medizin)
² Psychopharmaka: Allheilmittel bei seelischen Problemen?
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