
Ergonomie am Arbeitsplatz
Der menschliche Körper ist nicht für dauerhaftes Sitzen gemacht, dennoch verbringen viele von uns Stunden am Schreibtisch – insbesondere während der Arbeitszeit. Die Folge sind oft schmerzhafte Verspannungen und Rückenschmerzen.
Um solchen Beschwerden vorzubeugen, ist es entscheidend, dass Arbeitgeber verstärkt auf ergonomische Arbeitsplatzbedingungen achten und ihre Mitarbeiter dabei unterstützen. Wir haben die wichtigsten Infos in Form eines Ratgebers zussammengefasst.
Ergonomie am Arbeitsplatz
- Problem: ständiges Sitzen
- Arbeitnehmerschutz: klare Regelung, lasche Handhabung?
- Konkrete Maßnahmen für ein ergonomisches Arbeitsumfeld im Büro
- Ergonomie am Arbeitsplatz: Arbeitgeber in der Pflicht
- Bewegung und Sport zur Vorbeugung
- Expertentipps
- Linktipps
So angenehm und sinnvoll Home Office für Arbeitnehmer und Umwelt auch sein kann, die Rückkehr zum herkömmlichen Arbeitsalltag im Büro kann auch Vorteile haben.
Tatsächlich? Nun ja, theoretisch …
Der Weg ins Büro ist nur 30 Schritte entfernt. Homeoffice macht dies möglich und ist seit Corona nicht mehr aus der Arbeitswelt wegzudenken.
Doch so angenehm das Arbeiten von zu Hause auch ist, es hat Schattenseiten: Der Gang zur U-Bahn-Station entfällt, die zehn Minuten Radweg zum Büro sind passé und das Schlendern zur Kantine oder das Lokal um’s Eck ebenso. Entsprechend höher ist der Bedarf an zeitgemäßer Ergonomie am Arbeitsplatz.
„Kurz gesagt schrumpfen die Bewegungsmöglichkeiten, die ein gesunder Körper braucht, über den Tag enorm zusammen”, sagt Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. und empfiehlt: „Das permanente Sitzen zu unterbrechen, ist das A und O. Sport nach oder vor der Arbeit ist zwar ein guter Ansatz, aber nicht genug, um Rückenschmerzen vorzubeugen. Jeder sollte Bewegung in seinen Tag integrieren, denn zu viel und zu langes Sitzen in einer Position ist in vielerlei Hinsicht ungesund.”
Wer am Computer arbeitet, kennt die Verspannungen durch eine einseitige Haltung und monotone Bewegungsabläufe von Maus und Tastatur. Anfangs leichte Probleme schaukeln sich zu stärkeren Rücken- und Nackenschmerzen hoch. Die Muskulatur verkürzt sich und wird immer weniger beweglich.
„Letztlich leidet der gesamte Bewegungsapparat unter einer starren Sitzposition und zu wenig Aktivität”, sagt Detjen. Und auch für das Herz-Kreislauf-System, den Stoffwechsel und die Psyche ist mangelnde Bewegung alles andere als gut.
Problem: ständiges Sitzen
Der menschliche Körper ist nicht für dauerhaftes Sitzen gemacht, dennoch verbringen viele von uns Stunden am Schreibtisch – insbesondere während der Arbeitszeit.
Die Folge sind häufig Verspannungen und Rückenschmerzen. Um solchen Beschwerden vorzubeugen, ist es entscheidend, dass Arbeitgeber verstärkt auf ergonomische Arbeitsplatzbedingungen achten und ihre Mitarbeiter dabei unterstützen. Positiv ist, dass die Bedeutung der Ergonomie sowohl in Unternehmen als auch in öffentlichen Einrichtungen zunehmend anerkannt wird.
Sitzen gilt bereits lange als das neue Rauchen, weil die Gesundheit massiv darunter leidet.
Der DKV-Report 2021 stellte fest, dass noch nie so viel gesessen wurde wie im genannten Jahr: Werktags verbrachten die Deutschen durchschnittlich 8,5 Stunden in dieser Position. Junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren sind nach dem Bericht der Deutschen Krankenversicherung sogar „Sitzweltmeister” mit 10,5 Stunden an Werktagen.
Der DKV-Report 2021 offenbarte zudem, dass die Befragten im Homeoffice folgende Schwierigkeiten wahrnehmen: 43 Prozent finden es – verglichen mit der Arbeit im Büro – schwierig, die Zeit im Sitzen zu reduzieren. 59 Prozent der Zuhause arbeitenden Menschen geben an, dass sie diesbezüglich keine Unterstützung von ihrem Arbeitgeber erhalten.
„Menschen in westlichen Kulturkreisen verbringen schon von Kindesbeinen an zu viel Zeit im Sitzen. Fahrer oder Büroangestellte sitzen bis zu elf Stunden am Tag“, erklärt der renommierte Sport- und Bewegungswissenschaftler Dr. Dieter Breithecker.
„Unsere Muskulatur ist für eine solche statische und passive Inanspruchnahme nicht geschaffen.“ Drei von vier Deutschen leiden laut einer Umfrage der Aktion Gesunder Rücken e. V. mindestens einmal im Monat unter Rückenschmerzen. Ein Drittel der Befragten sogar täglich. „Wie kein anderer Teil unseres Körpers ist der Rücken darauf angewiesen, dass wir ihn permanent bewegen”, erklärt Dr. Breithecker.
Wer gestresst und überlastet ist, vergisst die nötigen Pausen einzulegen oder erlaubt sie sich erst gar nicht. Durch langes Sitzen und angestrengtes Arbeiten riskiert man jedoch Verspannungen – besonders im Nacken- und Schulterbereich.
Häufig werden bei Stress etwa die Schultern nach oben gezogen. Viele bemerken die körperliche und psychische Anspannung erst, wenn der Körper schon Beschwerden macht. Lockere Dehnübungen sowie ein kurzer Gang zu Kollegen sind sinnvoll, um die Muskulatur im Alltag immer wieder zu lockern.
Arbeitnehmerschutz: klare Regelung, lasche Handhabung?
In Österreich gibt es klare Regeln und Empfehlungen für den Arbeitnehmerschutz im Bereich der Ergonomie am Arbeitsplatz. Diese richten sich nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und den entsprechenden Verordnungen. Hier sind einige der relevanten Aspekte:
- Arbeitgeber sind gemäß dem ASchG dazu verpflichtet, die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Berücksichtigung ergonomischer Aspekte.
- Arbeitgeber müssen eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, um potenzielle Risiken am Arbeitsplatz zu identifizieren. Dabei sollten auch ergonomische Faktoren wie Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsmittel und Belastungen berücksichtigt werden.
- Die Arbeitsplatzgestaltung sollte ergonomischen Grundsätzen folgen. Dazu gehören die Anpassung von Arbeitsstühlen, Schreibtischen und Bildschirmarbeitsplätzen an die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer.
- Für Tätigkeiten an Bildschirmgeräten gelten spezielle Regelungen. Hierbei sind Pausenregelungen, ergonomische Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen und regelmäßige Augenuntersuchungen zu beachten.
- Es sollte darauf geachtet werden, dass regelmäßige Pausen und Bewegungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz vorhanden sind. Empfohlen wird das Prinzip „Bewegtes Arbeiten“, das regelmäßige Positionswechsel fördert.
- Arbeitgeber sollten Schulungen und Informationen zum Thema Ergonomie bereitstellen, um die Sensibilisierung der Mitarbeiter für gesundheitsgerechtes Arbeiten zu fördern.
- Arbeitsplatzanpassung bei gesundheitlichen Einschränkungen: Wenn ein Mitarbeiter gesundheitliche Einschränkungen hat, müssen Arbeitgeber den Arbeitsplatz entsprechend anpassen, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu erhalten.
- Je nach Tätigkeit können arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen notwendig sein, um gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen.
Betriebsärztliche Betreuung: Betriebsärzte können bei der ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen beratend tätig sein und individuelle Empfehlungen für gesundheitsgerechtes Arbeiten geben. Allerdings besteht in Büroarbeitsplätzen oder vergleichbaren Tätigkeiten in der Regel keine gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung eines Betriebsarztes, unabhängig von der Unternehmensgröße.
Konkrete Maßnahmen für ein ergonomisches Arbeitsumfeld im Büro
Richtiges Sitzen ist der Grundstein für einen gesunden Rücken. Aber was bedeutet das genau, und welche ergonomischen Anforderungen sind entscheidend?
In der Ergonomie geht es darum, optimale Arbeits- und Arbeitsplatzbedingungen zu schaffen, die der physischen und psychischen Gesundheit des Menschen zuträglich sind. Im Büro sollten folgende Punkte beachtet werden:
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Das Arbeitsumfeld: Ein angenehmes, geräuscharmes und gut beleuchtetes Büro ist wichtig.
Arbeitsabläufe und -umfang: Diese sollten auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein, einschließlich geregelten Arbeitszeiten – auch im Homeoffice.
Arbeitspausen und Bewegung: Pausen und Bewegungspausen sind essenziell, um die Konzentration über den Tag aufrechtzuerhalten.
Die richtigen Arbeitsmittel: Ein verstellbarer Bürostuhl und ein höhenverstellbarer Tisch gehören dazu. Eine ergonomische Maus und Tastatur können die Handgelenke schonen. Wer einen Laptop nutzt, sollte unbedingt einen passenden Laptopständer verwenden. Die Anschaffung eines Steh-Sitz-Schreibtisches kann wahre Wunder bewirken, denn die regelmäßige Unterbrechung der Sitzzeit bietet die Möglichkeit, den Rücken trotz hohem Arbeitspensum zu entlasten.
Zertifizierte Bürostühle: Diese bieten dank ihrer elementaren Verstellmöglichkeiten ein ergonomisches Sitzen und sind eine rückengesunde Basisausstattung.
In den letzten Jahren haben sich die ergonomischen Anforderungen an Bürostühle weiterentwickelt.
Es gibt jetzt eine breite Palette von Stühlen, einschließlich Aktiv-Bürostühlen, die natürliche und spontane Veränderungen der Sitzposition unterstützen und das Zusammenspiel von Beinen, Becken, Wirbelsäule, Schultern und Kopf fördern.
Ein physiologisches Sitzverhalten reduziert die Bewegungsarmut und trägt dazu bei, dass der Rücken gesund bleibt. Die AGR hat daher Aktiv-Bürostühle als besonders rückenfreundlich zertifiziert.
Dr. Breithecker empfiehlt das 50-30-20 Prinzip: nicht länger als eine halbe Stunde am Stück zu sitzen. Stattdessen sollten 50 Prozent der Arbeitszeit im Sitzen, 30 Prozent im Stehen und 20 Prozent in Bewegung verbracht werden.
Ergonomie am Arbeitsplatz: Arbeitgeber in der Pflicht
Eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung kommt dem gesamten Bewegungsapparat zugute und sorgt dafür, dass Beschäftigte langfristig schmerzfrei bleiben.
Davon profitieren nicht nur Rücken und Muskulatur, sondern auch die Arbeit an sich, weil sie leichter von der Hand geht und die Beschäftigten ausgeglichener sind.
„Unternehmen und im Besonderen öffentliche Einrichtungen sollten ihrer Rolle als vorbildlicher Arbeitgeber nachkommen und eine ergonomische Ausstattung anstreben”, betont Detjen. „Wir sind der Meinung, dass Unternehmen und öffentliche Einrichtungen die Verpflichtung haben, für eine zeitgemäße, Ergonomie am Arbeitsplatz mit entsprechender Ausstattung zu sorgen.”
Bewegung und Sport zur Vorbeugung von Gesundheitsschäden
Doch bei aller Ergonomie darf nicht vergessen werden, dass Arbeitnehmer auch eine Eigeneverantwortung haben. Dabei ist Bewegung und Sport der Schlüssel zur Vorbeugung von Gesundheitsschäden.
„Es ist entscheidend, das permanente Sitzen zu unterbrechen, also immer wieder zwischen Sitzen, Stehen und Gehen zu wechseln. Mittlerweile gibt es sogar Konzepte fürs Büro, die für mehr Aktivität sorgen und diese ganz selbstverständlich werden lassen.” erklärt AGR-Geschäftsführer Detjen.
Wer seinen Papierkorb oder Drucker an das andere Ende des Raumes stellt, muss sich bewegen. Telefonate gehen dank Bluetooth und Headset wunderbar im Gehen oder Stehen. Und manche Meetings lassen sich auch mit einem Spaziergang verbinden. Mittlerweile setzen Unternehmen auch bei Konferenzen auf mehr Bewegung.
Expertentipps
Mediziner empfehlen verschiedene Formen der Bewegung und Sportarten, um Rückenschmerzen vorzubeugen und die allgemeine Gesundheit zu fördern.
Im Kontext der Ergonomie am Arbeitsplatz und zur Vorbeugung von Gesundheitsschäden werden folgende Bewegungsformen empfohlen:
1. Aktive Pausen: Regelmäßige kurze Pausen während der Arbeit sind wichtig, um monotones Sitzen zu unterbrechen. Stehen Sie auf, dehnen Sie sich, gehen Sie ein paar Schritte und lockern Sie Ihre Muskeln.
2. Gehen: Einfaches Gehen ist eine der besten Möglichkeiten, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Versuchen Sie, in Ihrer Mittagspause spazieren zu gehen oder Telefonate im Stehen zu führen.
3. Stretching und Dehnen: Regelmäßiges Dehnen kann Verspannungen lösen und die Flexibilität der Muskulatur verbessern. Übungen wie Nackendehnen, Schulterkreisen und Beinheben können helfen.
4. Yoga: Yoga kombiniert Dehnung, Kräftigung und Atemtechniken. Es kann dazu beitragen, die Flexibilität zu erhöhen, die Körperhaltung zu verbessern und Stress abzubauen.
5. Pilates: Pilates stärkt die Körperkernmuskulatur, fördert die Körperhaltung und verbessert die Körperkontrolle. Dies kann dazu beitragen, Rückenschmerzen zu reduzieren.
6. Schwimmen: Schwimmen ist eine gelenkschonende Sportart, die den gesamten Körper trainiert und die Muskulatur stärkt. Es kann besonders für Menschen mit Rückenproblemen vorteilhaft sein.
7. Radfahren: Radfahren ist eine gute Möglichkeit, Ausdauer und Muskulatur zu trainieren. Es ist jedoch wichtig, eine ergonomische Sitzposition auf dem Fahrrad sicherzustellen.
8. Aerobic und Tanzen: Aerobic-Übungen oder Tanzen sind gute Möglichkeiten, das Herz-Kreislauf-System zu stärken und den Körper insgesamt fit zu halten.
9. Krafttraining: Gezieltes Krafttraining kann die Muskulatur stärken, was wiederum die Wirbelsäule stabilisiert und Rückenschmerzen vorbeugt. Achten Sie darauf, Übungen korrekt auszuführen, um Verletzungen zu vermeiden.
10. Functional Training: Hierbei werden Bewegungen des Alltags nachgeahmt, um die allgemeine Fitness zu steigern und die Funktionalität des Körpers zu verbessern.
Weitere Informationen zu Ursachen, Therapie und Prävention von Rückenschmerzen gibt es auf der Webseite der Aktion Gesunder Rücken e. V. unter www.agr-ev.de
– Arbeiten am Bildschirm
– Wenn Stress zu viel wird
– Rückenschmerzen – häufigste Beschwerden
– Rückenfit-Ratgeber: Tipps für einen gesunden Rücken
– Home office: So schonen Sie Ihre Augen auch bei Arbeiten von Zuhause