Riechtraining gegen Geruchsverlust nach Coronainfektion
Der Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns zählt neben Fieber, Husten und Müdigkeit zu den Häufigste Symptomen einer COVID-19 Erkrankung. Aber wie lange hält die Beeinträchtigung an und was kann man bei Verlust des Geruchssinns aufgrund einer Corona-Infektion tun? Hilft Riechtraining?
Die internationale Experten-Arbeitsgruppe zur klinischen Olfaktorik (Geruchssinn) diskutierte anhand eines systematischen Reviews Behandlungsoptionen für Geruchssinnstörungen nach Infektionen wie COVID-19. Auf der Basis von insgesamt 40 Studien sprachen sich die Experten für Geruchstraining aus.
Verschiedene virale Atemwegserkrankungen haben Störungen des Geruchssinns zur Folge. Dies ist besonders ausgeprägt beim neuen Coronavirus SARS-CoV-2. Nicht nur ist ein gestörter Geruchssinn ein häufiges, frühes Symptom der Infektion, sondern auch eine langanhaltende Folge der Erkrankung COVID-19.
Wie häufig ist Geruchsverlust nach Covid-19?
Der plötzliche Verlust des Geruch- und Geschmackssinns ist ein spezifisches Symptom einer Coronaerkrankung, oft ist es gar das einzige Symptom, das den Infizierten auffällt. Geschätzte 50 Prozent aller Erkrankten sind davon mehr oder weniger lang betroffen.
Die Ursachen für die Beeinträchtigung oder den gänzlichen Verlust des Geruchssinss sind noch nicht vollkommen klar. Es deutet vieles darufhin, dass das Coronavirus vermutlich Stützzellen, die sich bei den Riechzellen befinden und diese versorgen, in der Nase infiziert und dadurch den betroffenen Nervenzellen Schutz und Nährstoffe entzogen werden.¹
Allerdings sind auch Entzündungen im Riechkolben von Covid-19-Opfern festgestellt worden, was ebenfalls als Ursache für einen Geruchsverlust in Frage kommt.
Laut aktuellem Wissensstand kehrt der Riech- und Geschmackssinn bei den allermeisten Betroffenen wieder. Innerhalb von ein oder zwei Monaten ist er bei 80 bis 95 Prozent der betroffenen Corona-Infizierten wieder ganz oder beinahe ganz normal.
Bei etwa 5 bis 20 Prozent dauert es allerdings länger. Und bei manchen der Betroffenen bleiben Geruchs- und Geschmackssinn auch fast ein Jahr nach der Erkrankung verschwunden, bei einem weiteren Teil wiederum ist die Geruchswahrnehmung verzerrt (Parosmie).
Gestörter Geruchssinn nach COVID-19 – Kann Riechtraining helfen?
Ein Team von internationalen Experten analysierte nun die bisherige Forschung zur Frage, ob Riechtraining Betroffenen mit gestörtem Geruchssinn nach COVID-19 helfen kann.
Dazu diskutierte die Arbeitsgruppe zur klinischen Olfaktorik (Geruchssinn) einen systematischen Review zu den Behandlungsoptionen für Geruchssinnstörungen und führte eine Umfrage zur aktuellen klinischen Praxis der Behandlung solcher Störungen durch.
An dieser Stelle muss allerdings festgehalten werden, dass es zu diesem Thema einen eklatanten Mangel an Forschungsarbeiten gibt, wodurch bisher insgesamt kaum effektive Behandlungsmethoden bekannt sind.
Die Recherche ergab jedenfalls 467 Veröffentlichungen, von denen 40 Studien genauer analysiert werden konnten.
11 dieser Studien berichteten die Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien. 15 Arbeiten untersuchten konkret Geruchssinnstörungen nach Infekten, während 25 Studien Geruchssinnstörungen mit anderen Ursachen betrachteten. Besonders hilfreich, so die Analyse der Studien, könnte Olfaktorisches Training bzw. Riechtraining sein.²
Olfaktorisches Training umfasst bewusstes Riechen, das beispielsweise jeweils mit 4 verschiedenen Aromen zweimal täglich für mindestens 15 Sekunden durchgeführt wird. Mögliche Aromen für dieses Training können Anis, Eukalyptus, Zitrone und Nelke als einzelne Aromen sein, aber auch gemischte Aromen, beispielsweise von Rose, Eukalyptus, Zitrone und Nelke, mit einem dominanten Geruch. Trainings wurden auch mit anderen intensiven Aromen wie Zimt, Thymian, Schokolade oder Kaffee durchgeführt.
Geruchstraining mit Anis, Nelke und Kaffee
Mit einem solchen Training können klinisch relevante Verbesserungen des Geruchssinns eintreten, fand eine Studie mit 153 Teilnehmern, deren Geruchssinn nach einer Infektion gestört war.
Besonders hilfreich war das Training bei besonders stark betroffenen Patienten und bei Patienten mit Parosmie, bei denen also Gerüche verändert wahrgenommen wurden – beispielsweise ekelerregend bei ursprünglich angenehmen Aromen, oder appetitlich bei vorher abstoßenden Gerüchen (Liu et al, 2021 in der Fachzeitschrift Laryngoscope veröffentlicht).
Die Expertengruppe spricht sich auf Basis ihrer Analyse dieser hier konkreter beschriebenen und weiterer Studien für ein Riechtraining bei Störungen des Geruchssinns nach Infektionen aus. Weitere Behandlungsoptionen bedürfen dagegen nach Einschätzung der Experten noch mehr wissenschaftlicher Evidenz.
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Quellen:
¹ Non-neuronal expression of SARS-CoV-2 entry genes in the olfactory system suggests mechanisms underlying COVID-19-associated anosmia DOI: 10.1126/sciadv.abc5801
² Clinical Olfactory Working Group consensus statement on the treatment of postinfectious olfactory dysfunction (in J Allergy Clin Immunol. 2021 May; 147(5):1704-1719.) Epub 2021 Jan 13. DOI: 10.1016/j.jaci.2020.12.641
³ www.deutschesgesundheitsportal.de
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