Sex bei Querschnittslähmung
Jährlich muss man in Österreich rund 1200 bis 1600 neue Fälle von Querschnittslähmung registrieren – hervorgerufen durch Unfälle, aber auch durch Krankheiten wie Krebs oder Multiple Sklerose. In Österreich sind es rund 50.000 Menschen, die dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen sind. Gerade bei den Betroffenen nach einem erlitten Trauma durch eine Wirbelsäulen- oder Rückenmarksverletzung ist es häufig schwer in den Alltag zurückzufinden. Ein sehr brisantes, aber auch taburisiertes Thema ist dabei Sex. Dabei ist eine genaue Aussage über die Vorgehensweise und die Praktiken beim Sex nicht zu treffen. Denn innerhalb des Behinderungsbildes gibt es viele Varianten bzw. Variablen, die hier Einfluss nehmen können. Hinzu kommen auch die verschiedenen Bedürfnisse von Frau und Mann. Primär geht es vor allem um die Frage, was nach der erlittenen Verletzung beim Sex noch alles möglich ist und was nicht bzw. erschwert werden könnte.
Viele Paare raufen sich zusammen, wenn einer einen Querschnitt erlitten hat, scheitern dann aber meist doch am Problem Sex. Eine große Rolle spielt dabei natürlich der Ekel vor der möglicherweise vorhandenen Inkontinenz des querschnittsgelähmten Partners bzw. dem Umstand, dass dieser einen Katheder oder Stoma tragen muss, weil entsprechende Körperfunktionen durch das erlittene Traum ebenfalls nicht mehr funktionieren. Das heißt es ist oftmals eine Frage, ob am Ende des Dauerkatheders ein Urinbeutel hängt oder es sich um einen suprapubischen Katheter, der aus der Bauchdecke herausschaut – beides natürlich nicht unbedingt sexy!
Erektionsstörung beim Mann
Durch die Verletzung beeinflusst sind beim Mann nach Höhe und Vollständigkeit der Verletzung sowohl die Erektions-, die Ejakulations– und die Orgasmusfähigkeit und die Sensibilität unterhalb der Läsionshöhe. Dabei können querschnittsgelähmte Männer eine psychogene Erektion haben, wenn die Läsionshöhe unterhalb von Th11 bis L2 liegt. Zudem sind Reflektorische Erektionen bei einer Läsionshöhe von oberhalb Th11 möglich. Doch diese reicht zum Geschlechtsverkehr meist nicht aus. Als Stimulation kann hierfür ein Penisring eingesetzt werden. Störungen bei der Ejakulation werden durch unzureichende neurogene Stimulationsmöglichkeiten verursacht und durch die Einnahme von Medikamenten. Um die Ejakulation zu erhöhen gibt es die Möglichkeit der Vibromassage, bei der die Eichel stimuliert wird.
Hierdurch kann eine Ejakulation ausgelöst werden, wenn die Lähmung oberhalb Th11 liegt. Helfen kann eine SCAT-Spritze. Dieses muss durch den Facharzt verordnet werden. Die Krankenkassen bezahlen hier jedoch nichts dazu. Viagra wird in Österreich inzwischen zumindest von einigen Krankenkassen bezuschusst. Durch regelmäßigen Sex mit der Partnerin kann die Qualität und die Anzahl der Spermien erhöht werden. Selbst wenn es auf natürlichem Wege durch Sex dann nicht geht, ist die Wahrscheinlichkeit dann groß, dass eine Intrauterine Insemination (IUI), eine Art der künstlichen Befruchtung in Frage kommt.
Sexprobleme bei querschnittsgelähmter Frau
Eine querschnittsgelähmte Frau hat meist weniger Einschränkungen beim Sex hinzunehmen, als der querschnittsgelähmte Mann. Querschnittsgelähmte Frauen können ohne Probleme auch schwanger werden, selbst wenn sie ein Stoma für Blase und / oder Darm tragen. Bei einer vorliegenden Schwangerschaft ist es allerdings wichtig, dass die Querschnittsgelähmte intensiv betreut und das Kind mittels Kaiserschnitt zur Welt gebracht wird. Bei einer Frau ist das größte Problem, was zu Sexproblemen führt die Angst, dass sei unattraktiv geworden sind.
Zeit als wesentlicher Faktor
Die sexuellen Bedürfnisse des nicht behinderten Partners bestehen nach der erworbenen Querschnittslähmung des Partners verständlicherweise ganz normal weiter. Die betroffene Person selbst – ob Mann oder Frau – benötigen aber erst einmal Zeit, um mit der Situation klarzukommen. Um abstoßende Situationen zu meiden ist es vor allem wichtig, dass die Blase vor dem Geschlechtsverkehr entleert wird. Wegen der Lähmung kommt bei vielen Paaren, bei denen es einen Querschnittsgelähmten gibt, die traditionelle Missionarsstellung nicht in Frage. Für querschnittsgelähmte Männer eignet es sich, wenn sie auf dem Rücken liegen und die Partnerin auf ihnen liegt oder sitzt. Auch Sex im Rollstuhl selbst ist denkbar. Bei der Querschnittslähmung der Frau ist es so, dass auch durchaus die gewohnte Missionarsstellung ausprobiert werden kann, da der Mann meist eh den aktiven Part übernimmt. Stellungen wie „das Reh“ oder die „Häschenposition“ gestalten sich mit einem querschnittsgelähmten Partner allerdings schwer, wenn nicht gar unmöglich.