Höheres Risiko von Gürtelrose nach Covid-19
Eine groß angelegten Studie aus den USA zeigt nun auf, dass das Risiko für Gürtelrose nach einer Covid-Erkrankung relevant höher ist.
Personen mit einer COVID-19 Diagnose über 50 Jahre haben demnach ein um 15 Prozent erhöhtes Risiko für Gürtelrose, hospitalisierte Patienten gar ein um 21 Prozent erhöhtes Risiko
Die Ursache dafür sei, dass Covid-19 die Immunzellen des Körpers vorübergehend schädigt und die Gürtelrose dann ausbrechen kann. Dabei waren Frauen laut der US-Studie nach SARS-CoV-2-Infektionen stärker gefährdet als Männer und Menschen ab 65 Jahren ebenfalls mehr als 50- bis 64-Jährige.
Nach COVID-Erkrankung: Gürtelrose-Virus kann bei geschwächtem Immunsystem leichter reaktivieren
Gürtelrose wird vom Varizella Zoster Virus (VZV) verursacht. Dieses löst bei der Erstinfektion Varizellen aus, auch bekannt als Windpocken, Feuchtblattern oder Schafblattern.
Der Windpocken-Erreger gehört zu den menschlichen Herpesviren, deren Spezialität es ist, sich nach einer akuten Infektion im Körper dauerhaft einrichten zu können. Nach Abklingen der Varizellen bleibt das Virus lebenslang in den Nervenwurzeln, meist spürt man davon lange Zeit aber nichts. Aber wenn das Immunsystem geschwächt wird, kann das Virus zu einem späteren Zeitpunkt als Gürtelrose (Herpes Zoster) wieder auftreten.
Rund 5,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher haben bereits eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht oder sind aktuell erkrankt (Stand: 11/2022).
In den letzten beiden Jahren mehrten sich die Hinweise, dass Personen, die an COVID-19 erkrankt waren, in der Folge häufiger von Gürtelrose betroffen waren. Als möglicher Grund gilt die durch SARS-CoV2- induzierte Abnahme der Immunfunktionen, schließlich bringt Covid-19 das Immunsystem nachhaltig durcheinander.
In einer groß angelegten Studie aus den USA wurde der Zusammenhang nun untersucht. Den Ergebnissen zufolge war das Risiko, an Gürtelrose zu erkranken, bei Personen mit einer COVID-19 Diagnose um 15 Prozent erhöht. Das Risiko, an einer Gürtelrose zu erkranken, war dabei für Frauen höher als für Männer.
Die Risikoerhöhung galt für die ersten 6 Monate nach der Diagnose mehr als die Hälfte der Fälle trat jedoch bereits innerhalb der ersten Woche nach Diagnosestellung auf. Nach 6 Monaten glich sich das Risiko dem der nicht Erkrankten wieder an.
Das Forschungsteam rund um Amit Bhavsar vom Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline hatten mehrere Datenbanken von US-Arzneimittelfonds und Versicherern ausgewertet und dabei Datensätze von rund 2 Millionen Menschen berücksichtigt. Davon waren 400.000 Personen, die Covid-19 durchgemacht, aber in der Vergangenheit noch nie eine Gürtelrose entwickelt haben und weder gegen Windpocken noch gegen Corona geimpft waren, sowie Kontrollgruppe von rund 1,6 Millionen Personen, die keine bekannten Covid-19-Infektionen gehabt hatten.
Das Untersuchungsergebnis war eindeutig: das Gürtelrose-Risiko war nach Coronaerkrankung um 15 Prozent höher, als bei der Vergleichsgruppe. Bei hospitalisierten COVID-19 -Patient*innen steigt das
Risiko einer Gürtelrose-Erkrankung den Ergebnissen zufolge sogar um 21 Prozent. Außerdem hatten Frauen ein höheres Risiko als Männer und Ältere (über 65 Jahre) ein höheres Risiko als Jüngere (50 bis 65 Jahre).
Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly, Leiter des Tropeninstituts 1060 Wien und Universitätsprofessor für Infektiologie, Tropenmedizin und globale Gesundheit an der Sigmund Freud Universität, Wien: „Wenn das Immunsystem geschwächt ist, hat das Virus, das Gürtelrose auslöst, gewissermaßen ein leichtes Spiel. Nahezu alle Österreicher tragen nach einer Feuchtblattern-Infektion im Kindesalter das sogenannte Varizella-Zoster-Virus in sich. Und wenn die Abwehrkräfte nachlassen, kann das Virus wieder aktiv werden und so zur meist sehr schmerzhaften Gürtelrose führen.“
Kein erhöhtes Risiko für Gürtelrose nach COVID-Impfung
Mit der Vermutung eines erhöhten Risikos für Gürtelrose nach einer Covid-Erkrankung, gab es auch den Verdacht von impfassoziierten Gürtelrose-Erkrankungen (Herpes-Zoster). Hier gibt es aber mittlerweile Entwarnung, denn eine großangelegte Auswertung von über 2 Mio. Geimpften zeigte, dass die COVID-Impfung nicht mit einer erhöhten Rate von Herpes Zoster assoziiert ist.
Analysiert wurden Gesundheitsdaten der US-amerikanischen OLDW-Datenbank („Optum Labs Data Warehouse“) von 2.039.854 gegen SARS-CoV-2 geimpften Menschen (BioNTech/Pfizer, Moderna oder Johnson-Johnson, in der Zeit 12/2020 – 6/2021).
Im Ergebnis war die COVID-Impfung nicht mit einem erhöhten Risiko für eine VZV-Reaktivierung assoziiert (Inzidenzratenverhältnis IRR 0,91; p=0,08).
Die Inzidenz war auch nicht höher als in der supplementären Kohortenanalyse nach Influenza-Impfung in der Zeit vor der Pandemie (1. COVID-Impfung HR 0,78; pHinweis: Eine Kohorte ist eine Gruppe von Personen, die über eine definierte Zeitspanne beobachtet wird, um zum Beispiel das Auftreten einer bestimmten Erkrankung festzustellen. Kohortenstudien können prospektiv (vorausschauend) oder retrospektiv (rückblickend) durchgeführt werden.
Gürtelrose: Informationskampagne soll Bewusstsein schaffen
„99 Prozent der Über-50-Jährigen sind latent infiziert“, erläuterte Zoufaly, das heißt, das Virus schlummert im Körper. Eine von drei Personen erkrankt dann im Lauf ihres Lebens an Herpes Zoster. Die Gürtelrose könne eine „extrem schmerzhafte Erkrankung“ sein. Bis zu 30 Prozent der Menschen, die eine Gürtelrose durchgemacht haben, haben auch drei Monate danach und darüber hinaus noch Schmerzen (Post-Zoster-Neuralgie), betonte Zoufaly, der auch Leiter des Tropeninstituts in Wien-Ottakring ist.
Ein Ausbruch von Varizella Zoster hatte zuletzt den US-Sänger Justin Bieber dazu gezwungen, einige Auftritte abzusagen. Bei ihm hatte das Virus für eine halbseitige Gesichtslähmung gesorgt.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt Experte Zoufaly vor allem Menschen über 50 und Personen aus Risikogruppen bereits ab 18 Jahren mit ihrem betreuenden Arzt über einen Schutz zu sprechen.
Dabei verweist er auf den österreichischen Impfplan, in dem die Impfung für alle Erwachsenen ab 50 Jahren und für Personen mit besonders hohem Risiko für Gürtelrose bereits ab 18 Jahren empfohlen ist.
Die zweiteilige Herpes-Zoster-Impfung im Abstand von zwei Monaten ist für alle ab dem 51. Lebensjahr empfohlen. Dier Kosten liegen je nach Hersteller und Bezugsquelle bei rund 200.- Euro pro Dosis, berichtete die Impfexpertin Ulrike Laaha von GlaxoSmithKline (GSK).
Zwar nicht im kostenlosen Impfprogramm enthalten, aber deutlich günstiger, ist die für Kleinkinder im zweiten Lebensjahr empfohlene Varizellen-Impfung, die es erst seit rund 20 Jahren gibt.
Die heutigen Erwachsenen könnten sich daher nicht mehr vor einer Infektion schützen, „aber sehr wohl vor einem Ausbruch der Krankheit“, riet Lahaa zur moderne Gürtelrose-Impfung (Herpes-Zoster-Impfung) mit Tot-Impfstoff.
Die Informationskampagne „Gürtelrose-Info.at – Impfen schützt“ – es handelt sich dabei um eine Informationsseite des Impfherstellers GlaxoSmithKline versucht Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen.
Die Gürtelrose-Impfung mit dem Tot-Impfstoff gilt als sicher. Studien, die zur Zulassung des Impfstoffes durchgeführt wurden, erbrachten keine Hinweise auf schwere Nebenwirkungen oder das Auftreten von Autoimmun-Erkrankungen infolge der Impfung.
Der Impfplan Österreich emfiehlt die Gürtelrose-Impfung für folgende Personengruppen:
- Menschen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr
- Erwachsenen mit besonders hohem Risiko einer Zoster-Erkrankung und deren Komplikationen, etwa weil sie schwere Grunderkrankungen und/oder eine schwere Immun-Suppression haben
Wer darf nicht mit der Gürtelrose-Impfung geimpft werden?
Die Gürtelrose-Impfung darf nicht verabreicht werden:
- Bei Kindern
- Während Schwangerschaft und Stillzeit
- Bei bekannter Allergie auf einen der Bestandteile des Impfstoffes
- Wenn nach der ersten Dosis der Gürtelrose-Impfung allergische Reaktionen aufgetreten sind
- Wenn jemand gerade eine akute, schwere, fieberhafte Erkrankung hat (dann wird die Impfung auf später verschoben)
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Quellen:
¹ COVID-19 erhöht Risiko für Gürtelrose um 15 Prozent (OTS)
² Increased Risk of Herpes Zoster in Adults ≥50 Years Old Diagnosed With COVID-19 in the United States (Bhavsar A. et al. in Open Forum Infectious Diseases, Volume 9, Issue 5, May 2022, ofac118) DOI: https://doi.org/10.1093/ofid/ofac118
³ Kein erhöhtes Risiko für Gürtelrose nach COVID-Impfung – Assessment of Herpes Zoster Risk Among Recipients of COVID-19 Vaccine (Idara Akpandak; D. Claire Miller; Yuwei Sun; et al in JAMA Netw Open. 2022;5(11):e2242240.) DOI:10.1001/jamanetworkopen.2022.42240
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