
Der Medikamenten-Beipackzettel
Jedem Arzneimittel liegt eine Art „Gebrauchsanweisung“ bei, ein mehrfach gefalteter Zettel, klein bedruckt mit Unmengen Text. Verschreibender Arzt und Apotheker raten, diesen Medikamenten-Beipackzettel zu lesen. Noch wichtiger ist die Lektüre, wenn Sie ein nicht von einem Arzt verschriebenes Medikament einnehmen. Diese Gebrauchsanweisung zu lesen ist aber manchmal gar nicht so einfach und manche Hinweise verunsichern eher, als dass sie informieren und Hilfestellung bieten.
Einerseits können Sie natürlich darauf vertrauen, dass Ihr Arzt Ihnen nur Wirkstoffe verschreibt die Sie auch vertragen. Andererseits ist Vorsicht besser als Nachsicht, und es ist sicher kein Fehler im Umgang mit Medikamenten kritisch und vorsichtig zu sein. Doch so mancher Medikamenten-Beipackzettel ist so kompliziert verfasst, dass der Durchschnittspatient schon allein von den fachspezifischen Ausdrücken abgeschreckt wird.
Fachausdrücke, Fremdworte, Mediziner-Latein
Dass Medikamenten-Beipackzettel so kompliziert erscheinen und für den medizinische Laien nahezu unlesbar sind – von Verstehen wollen wir in diesem Zusammenhang noch gar nicht sprechen – hat einen banalen Grund.
Gesetzlichen Vorgaben bestimmen, dass diese Texte gleichzeitig für Patienten, Ärzte und Apotheker „gelten“, also allen drei Zielgruppen wichtige Informationen liefern müssen.
Dass diese unterschiedlichen Zielgruppen nicht dieselbe Fach-Sprache sprechen und nicht alle alles interessiert, versteht sich von selbst. Es erklärt auch, warum diese Gebrauchsanweisungen so umfangreich sind.
Nur geübte Beipacktextleser wissen auf Anhieb in welchem Abschnitt sie die für sie relevante Information in hoffentlich verständlicher Sprache finden. Doch jeder, der Medikamente einnimmt, sollte ein Grundwissen über die Arznei, ihre Wirkstoffe und mögliche Nebenwirkungen haben.
Was ein Medikamentenbeipacktext enthalten muss
Es ist gesetzlich geregelt, welche Informationen in einer Arzneigebrauchsanleitung enthalten sein müssen. Entsprechend finden Sie folgende Inhalte in jedem Beipacktext:
- Anwendungsgebiete/Indikationen: Die meisten Wirkstoffe und Medikamente helfen bei mehreren Beschwerden. Doch keine Angst – das bedeutet nicht, dass Sie alle diese Krankheiten haben!
- Dosierung: Es geht um das „wie, wann, wo, wie viel, wie oft und wie lange“. Falls Ihr Arzt eine andere Dosis verschrieben hat, wird er seine Gründe haben und Sie sollten diese individuelle Dosiervorgabe einhalten. Fragen Sie zur Sicherheit aber ruhig ein zweites Mal nach.
- Gegenanzeigen/Kontraindikationen: Hier finden Sie Informationen darüber, wann und wenn Sie ein Medikament nicht nehmen sollten. Damit können Krankheitsbilder, wie z.B. Allergien, hoher oder niedriger Blutdruck aber auch eine Schwangerschaft gemeint sein. Dies ist für Sie als Patient fast der wichtigste Abschnitt, denn es könnte sein, dass Ihr Arzt schlichtweg über eines Ihrer Leiden nicht Bescheid weiss – Sie aber sehr wohl!
- Angaben zur Haltbarkeit: Abgelaufene Medikamente sollten keinesfalls mehr eingenommen werden. Bitte auch nicht in Restmüll geben, sondern in der Apotheke retournieren. Arzneimittel sind Sondermüll und müssen sachgerecht entsorgt werden.
- Nebenwirkungen: Hier müssen alle Nebenwirkungen, die jemals beobachtet wurden, genannt werden. Doch keine Angst! Anhand der Angaben zur Häufigkeit können Sie leicht erkennen, dass die meisten Nebenwirkungen, vor allem die gefährlicheren, nur sehr selten vorkommen.
- Warnhinweise: ebenfalls unbedingt lesen! Es geht um besondere Vorsichtsmaßnahmen, die Sie unbedingt wissen und beachten sollten!
- Weitere Bestandteile: Liste der bei der Herstellung der Medikamente verwendeten Hilfsstoffe. Vor allem für allergisch reagierende Patienten relevant
- Wechselwirkungen: Andere Medikamente, die sie regelmäßig nehmen, können die Wirkungsweisen der Arznei verstärken oder abschwächen. Informiere Sie Ihren Arzt immer über Ihre aktuelle Medikation, wenn eine neue Arznei verschrieben wird!
Übrigens: Auch Lebensmittel, wie z.B. Grapefruits oder Milch können Wechselwirkungen verursachen. - Zusammensetzung: Auflistung der Wirkstoffe
Placebo und Nocebo
Neben dem Placebo-Effekt hat die Wissenschaft in Zusammenhang mit Nebenwirkungen auch den Nocebo Effekt entdeckt.
Der Placebo Effekt beschreibt ja bekanntlich das Auftreten therapeutischer Wirkungen nach der Gabe von Scheinpräparaten, sogenannten Placebos, wobei die beobachteten Wirkungsweisen qualitativ denen eines „echten“ Medikaments bzw. entsprechen können.
Der Nocebo-Effekt hingegen beweist, dass bereits die Angst vor Krankheiten ausreichen kann, um tatsächlich krank zu werden.
So wurde sogar nachgewiesen, dass nach Einnahme von Placebos, also komplett wirkstofffreier Präparate, Nebenwirkungen auftraten, wenn die Probanden um die Möglichkeit, dass diese auftreten konnten, wussten. Wussten Sie nichts davon, traten diese natürlich auch nicht auf.
Mündiger Patient
Bei jeder Behandlung und bei jeder Therapie geht es um Ihren Körper und Ihre Gesundheit! Wenn Sie etwas nicht verstehen, oder unsicher sind – fragen Sie nach!
Ihr Arzt wird Ihnen gern erklären, warum er Ihnen ein Medikament verschrieben hat und wie und wann es wirkt, wenn Sie es richtig einnehmen.
Weitere Tipps
- Informieren Sie Ihren Arzt über Ihnen bekannte Unverträglichkeiten und Allergien sowie über andere Medikamente die Sie einnehmen.
- Melden Sie sich umgehend bei Ihrem Arzt, wenn Sie Nebenwirkungen wahrnehmen.
- Lassen Sie die Arznei auch nach dem Öffnen im Originalkarton und heben Sie auch den Medikamenten-Beipacktext auf.
- Sollten Sie den klein gedruckten Text des Beipackzettels nicht oder nur schwer lesen können – Dr. Google hilft! Einfach Medikamentennamen eingeben – sehr viele Arzneigebrauchsanweisungen gibt es auch online zu finden.
- Auch zur Klärung unbekannter Begriffe oder lateinischer Ausdrücke kann das Internet hilfreich sein.
Klar ist: der wichtigste Partner, wenn es um Ihre Gesundheit geht, ist Ihr Arzt – auch in punkto Medikamenten-Therapie. Und ein guter Arzt wird sich gern die Zeit nehmen, Unklarheiten, sollte es welche geben, auszuräumen Und tut er das nicht, dann ist er kein guter Arzt!
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Quelle:
¹ Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen
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